Chronik
Vor 50 Jahren gründete sich in Londorf ein Verein, der den Fremdenverkehr in der kleinen Lumdakommune anregen sollte. Es war der Verkehrsverein Londorf.
So fing es an:
Am 3. August 1962 kamen im Schulsaal der ehemaligen Volkshalle 35 Bürger zusammen und beschlossen, was aus privater Initiative entstehen sollte: Londorf sollte durch
Fremdenverkehrswerbung zum Anziehungspunkt werden. Von den 35 Anwesenden traten 15 Personen dem neuen„Verkehrsverein Londorf“bei und wählten den ersten Vorstand: Heinz Meckbach
wurdeVorsitzender, Erwin Grunau sein erster und Günther Wissner sein zweiter Vertreter. Otto Klein wurde Geschäftsführer.
Bereits in dieser Sitzung gab der Vorsitzende Meckbach die Richtlinie über die Kleinkreditgewährung zur Schaffung von Fremdenzimmern bekannt, und Emil Kornmann berichtete, dass die
Reisegesellschaft „Hummel“ an die Gemeinde herangetreten sei, weil sie Londorf als Reiseziel in ihrem Angebot nennen wollte.
„Londorf strebt aufgrund seiner geografischen Lage (ruhiges Lumdatal, kein Durchgangsverkehr) und seiner landschaftlichen Schönheit die Ausdehnung des in den letzten Jahren gut angelaufenen
Fremdenverkehrs an“, hieß es in einem Abriss über den Anlass zur Vereinsgründung. Die Gedanken der Gründerväter waren weitreichend. Es sollte Werbung gemacht und „Möglichkeiten zur
Unterhaltung von Gästen“ geschaffen werden. Hierzu zählten ein Kleingolfplatz, Kinderspielplätze, eine Rollschuhbahn, eine Sportanlagen und gewünscht wurde auch ein Schwimmbad oder eine
Bademöglichkeit in der Nähe. Heimat- und Unterhaltungsabende und Fremdenführungen, Markierung von Wanderwegen und mehr Ruhebänke wurden angedacht. Auch das Ortsbild sollte aufgebessert
werden.
Im Bericht über das Jahr 1962 wurden bereits 56 private Fremdenzimmer genannt, Gaststätten konnten ebenso viele Gäste unterbringen. Es wurde ein Richtlinienkatalog erstellt, in dem
Grundvoraussetzungen für Gaststätten genannt wurden wie zum Beispiel ein guter, gepflegter äußerer Eindruck des Hauses, die Ausstattung der Zimmer, der Speisezimmer und der Toiletten, wobei auf
unbedingte Sauberkeit Wert gelegt wurde (Toilettenpapier – kein Zeitungspapier!).
Das erste Prospekt:
Zu dieser Zeit wurde Londorf dann auch das erste Mal im „Reiseführer für Oberhessen“ genannt und unter anderem als „Oase der Ruhe“ bezeichnet.
Anzeigen mit dem Titel „Paradies der Stille – Londorf, die Perle der Rabenau“ wurden in zahlreichen Zeitungen geschaltet. 1965 wurden 1200 Übernachtungen verzeichnet.
Unter anderem mit dem Familienhilfswerk und dem Altershilfswerk Bochum wurden Abschlüsse getätigt. Im Jahr 1966 und 1968 gab es laut Protokoll
der Jahreshauptversammlung je über 10 000 Übernachtungen.
Die Trachtengruppe Rüddingshausen hatte 1966 zwei Heimatabende mitveranstaltet, der Wanderverein drei Wanderungen. Die Fotogruppe bot Dia- und Filmabende an.
1966 besuchten die ersten ausländischen Gäste Londorf, sie kamen aus Belgien. Aus dem Jahr 1967 ist zu lesen, dass die Vermieter die Zimmer mit fließendem Wasser versehen sollen. Der Preis für
eine Übernachtung mit Frühstück lag dann bei 4,75 DM.
Aus dem Gästebuch von Familie Marga und Karl-Eberhard Pfeiff, der von 2002 – 2009 Vorsitzender war, stammt folgender Eintrag der Familie Kampmann aus Kamen: „Londorf ist nicht die Costa
Brava, aber viel, viel erholsamer: reine Luft, gewürzt von Kuhdung und Wiesenblumen, liebliche Tälern, wunderbare Ausblicke von sanftgerundeten Hügeln, alte Fachwerkhäuser, Wanderwege rundherum,
die zu romantischen Burgen, mächtigen Steinbrüchen, Himbeeren, Stechfliegen, netten Dörfern, zu Waldbächen und Damhirschen und freiherrlichen Gräbern führten;(…)“. (Die herzlichen Einträge
in diesem Gästebuch enden übrigens im Jahr 2008 nur deshalb, weil das Buch voll war.)
In 1964 konnte die neu erstellte Klein-Golfanlage eingeweiht werden.
Londorf erhielt das Prädikat „Anerkannter Erholungsort“. 1969 war die Trachtengruppe Londorf im Ruhrgebiet und hatte dort einen Auftritt. Im Rahmen dieser Veranstaltung
wurden Kontakte geknüpft und durch gute Werbung auch Urlauber nach Londorf geholt.
Das zweite Prospekt:
Ende einer Ära…
In einem Bericht des Gießener Anzeigers von Klaus Röther vom 15.07.1988 mit dem Titel „Londorfs Verkehrsverein aus dem Dornröschenschlaf erwacht“ heißt es unter anderem:
„Freilich zog es zu Zeiten des „Touristen-Boom“ zumeist die weniger begüterten aus dem tristen Asphaltdschungel der Großstädte in die schöne Rabenau. Mitunter teilten sich in Otto Kleins
Eiscafé eine Mutter mit zwei Töchtern gemeinsam eine Cola. Als dann der Wohlstand weiter wuchs und sich der Urlaub zum prestigeträchtigen Konsumgut wandelt, erwiesen sich die heile Natur,
intakten Wälder und ausgedehnten Wanderwege des Lumdatales nicht mehr als attraktiv genug.“ Der Fremdenverkehr wie auch die Aktivitäten des Verkehrsverein kamen so nach und nach zum
Erliegen.
1988 stellte Vorsitzender Walter Haupt fest, dass es an Übernachtungsmöglichkeiten und der geeigneten Gastronomie fehle; Gaststätten und Metzgereien hatten teilweise inzwischen ihre Betriebe
geschlossen, Mittags- und Abendtisch wurde für die schwankende Zahl an Urlaubsgästen selbst in Hoch-Zeiten nicht mehr ausreichend angeboten. Nachdem die Bettenzahl in Londorf durch zurückgehende
Nachfrage ebenfalls geschwunden war und unter 100 sank, weil in den 80er Jahren der Fremdenverkehr rückläufig war - für die Jahre 1983 – 1985 wurden jeweils nur je 480 Übernachtungen gemeldet -
verlor der Ort 1985 das Prädikat „staatlich anerkannter Erholungsort“.
Bemühungen aus dem Verein und der Gemeinde brachten nicht den erforderlichen Erfolg, Londorf erlangte dieses Prädikat nicht wieder.
Neuanfang
Der Verein musste umdenken und widmete sich mehr dem sanften Tourismus, schaute dabei auf die vorhandenen Ressourcen. Die Baukosten zum Umbau des „Gärtnerhauses“ im Burggarten, das vorher als
Trinkhalle genutzt wurde und dessen Toilettenanlagen beanstandet worden waren, beliefen sich im Jahr 1992 auf geschätzte 150 000 DM, die nur mit Zuschüssen aus
öffentlichen Mitteln beschafft werden konnten. Zur Finanzierung wurde dann das erste Lichterfest 1992 organisiert, dessen Reinerlös für den Umbau des ehemaligen Gärtnerhauses genutzt wurde. An
diesem ersten Lichterfest beteiligten sich zahlreiche Londorfer und Rabenauer Vereine.
1999 wurde die neue Minigolfanlage eingeweiht, die mit Spenden und viel Eigenleistung geschultert wurde.
Im Jahr 2002 wurde die Idee eines Minigolfturniers durch den damaligen zweiten Vorsitzenden Harald Jung umgesetzt.
2002 bis 2004 bot der Verein Inlinerabende an, an denen anfangs rund 100 Personen teilnahmen und die durch mehrere für diesen Zweck gesperrte Straßen in Londorf führten.
Später wurden Inliner- und Bremskurse angeboten. Dazu trafen sich Interessierte auf dem Parkplatz eines Londorfer Einzelhandelsgeschäfts. Ein Open-Air-Konzert fand im Jahr 2003 im Burggarten statt. Die Internetseite www.verkehrsverein-Rabenau.de wurde 2004 online gestellt. In Zusammenarbeit mit DocBaumann wurden der Wettbewerb und die Ausstellung „Ufos über Rabenau“ ebenfalls im Jahr 2004 gestartet.
Der Ideengeber und einer der stärksten Motoren des wieder aufblühenden Vereins Harald Jung verstarb plötzlich im Februar 2005.
Im Juni 2005 fand gemeinsam mit dem Angelsportverein Allertshausen, dem Boule-Club und der Seniorenparkinitiative erstmals ein Springbrunnenfest im Burggarten statt.
Im Jahr 2007 gewann der Verkehrsverein bei einem Wettbewerb der Volksbank Mittelhessen 11 000 Euro.Für dieses Geld wurden ein Spielgerät und ein Fahrradständer angeschafft, der Eingangsbereiches in den Burggarten und der Vorplatzes vor dem ehemaligen Gärtnerhaus wurden neu gestaltet. Unser Bild zeigt Helfer eines Arbeitseinsatzes.
An der 1250-Jahr-Feier Londorfs 2008 hatte sich der Verkehrsverein mit Programmpunkten beteiligt. So holte der damalige Vorsitzende Karl-Eberhard Pfeiff den Vizepräsidenten der Internationalen Rainer Maria Rilke-Gesellschaft, Prof. Dr. Ulrich Unglaub aus Braunschweig für einen Vortrag über Rilkes besonderes Verhältnis zu Londorf in den Jubiläumsort. Am 11. Juni 2008 um 20.15 Uhr hielt er im Burggarten einen Vortrag, der viele interessierte Zuhörer hatte und über den sich noch lange unterhalten wurde.
Am 12. Juni um 17.00 Uhr bei leider regnerischem Wetter führte der Vorsitzende Pfeiff Interessierte durch Londorf, zeigte historische Orte und Bauwerke.
In 2008 wurde die Gruppe „Kork“ für das Park- und Lichterfest nach Rabenau geholt, die Veranstaltung war ein voller Erfolg!
Im Jahr 2009 wurde von AWO und Verkehrsverein Rabenau eine neue Veranstaltung aus der Wiege gehoben: Die Rabenauer Matinee, welche seither guten Zuspruch hat.
Auch das Angebot einer geführten Fahrradtour ist neu: Seit 2009 werden jährlich unterschiedlich anspruchsvolle Strecken angeboten.
Seit 2010 nimmt der Verkehrsverein auch an „Durchgebrannt“ teil, ein Keramikmarkt von heimischen Künstlern auf dem Hofgut Appenborn.
Die Werkstatt Ogonjok aus Gießen-Wieseck ist seit 2011 häufiger Gast des Verkehrsvereins im Burggarten: Mit seinen Installationen und zahlreichen Ideen findet Ogonjok im Verein begeisterte Unterstützung für Ausstellungen. Auch Robert Kraft aus Allendorf war ein gern gesehenerGast: Im Burggarten hatte er Qi Gong-Kurse angeboten.
Im Jahr 2012 fand im Mai unter der Führung der Vorsitzenden Ute Wissner ein besonderer Tag statt: Eine historische Kutschfahrt auf den Spuren von Rainer Maria Rilke führte vom Schloss Friedelhausen zum Hofgut Appenborn.
Dort wurden die Besucher mit einem vom jetzigen Bewohner des Anwesens liebevoll hergerichtete Mittagsmahl empfangen. Nachdem gespeist war fuhren die Gespanne weiter zum Burggarten nach Londorf....
wo eine neue Sonnenuhr eingeweiht wurde.
Dieses Bild zeigt die Vorsitzende Ute Wissner und Steinmetzmeister Jürgen Schmidt mit der neuen Sonnenuhr.
Ausblick
Der Verkehrsverein versteht sich heute noch immer als Unterstützer und Förderer des Fremdenverkehrs und des sanften Tourismus für alle sechs Ortsteile der Gemeinde Rabenau. Aber die Landschaft,
die Wälder und unsere herrliche Natur allein sind nicht ausreichend, um Rabenau so attraktiv zu gestalten, dass wieder mehr Menschen von außerhalb unsere kleine Kommune besuchen. Daher gilt es,
neue Ideen zu entwickeln, sie nach außen zu transportieren und mit Leben zu erfüllen.
Dazu braucht jeder Verein aktive Mitglieder. Menschen, die sich derselben Sache verbunden fühlen und sich selbst mit den Zielen identifizieren, sich einbringen wollen.
Werden Sie Mitglied in unserem Verein und gestalten Sie unser Rabenau mit.
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Vorsitzende seit Gründung:
Heinz Meckbach 1962 – 1987
Walter Haupt 1987 – 2002
Karl-Eberhard Pfeiff 2002 - 2009
Ute Wissner seit 2009
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Vm.:
Diese Chronik erhebt nicht den Anspruch, vollständig zu sein. Ist Wichtiges vergessen worden bitten wir darum, dies der Vorsitzenden Ute Wissner oder Manfred Vallen, dem Ehemann der leider viel
zu früh verstorbenen Andrea Sommer (Verfasserin dieses Textes), mitzuteilen.
© Verkehrsverein Rabenau 2021